Atheismus als Fluchtgrund (Schulung in Stuttgart)

Ursula Damson-Asadollah

Am 19. Mai 2023 fand in Stuttgart die Schulung „Atheismus als Fluchtgrund“ statt. Bei der Hybrid-Veranstaltung konnten Helfer:innen sowohl vor Ort teilnehmen als auch online. 

Die Anwältin Ursula Damson-Asadollah informierte dabei über das Asylrecht im Zusammenhang mit Atheismus, damit die ehrenamtlichen Helfer:innen betroffene Flüchtlinge besser beraten und betreuen können.

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Und so kam der Stein ins Rollen

Adel, warum und wie bist Du nach Deutschland gekommen?

Adel ist ein Geflüchteter aus dem Irak. Er erzählt vom Beginn der Säkularen Flüchtlingshilfe Stuttgart und von seinem neuen Leben in Deutschland.

Adel

 Schon als Jugendlicher im Irak hatte ich meine Zweifel an der Religion oder sagen wir, ich hatte Fragen, aber man darf in der muslimischen Welt die Religion nicht hinterfragen und schon gar nicht kritisieren. Ich fand es seltsam, dass wir einen Gott anbeten sollten, der uns immer mit der Hölle drohte. Alles drehte sich um Allah. Er beherrschte auch unser Privatleben. Mit der Zeit, als ich dann im Medizinbereich studierte, kollidierte der Glaube mit der Evolutionstheorie.  Ich hatte die Möglichkeit, ins Internet zu gehen und las dann über die Evolution und über Menschenrechte. Ich musste meine Gedanken verheimlichen, denn es gab zwar ein paar Leute, mit denen man sich austauschte, aber immer unter Decknamen. Die Sittenpolizei passte auf, und mir war bewusst, dass ich mit dem Feuer spielte.

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Adel – eine Erfolgsgeschichte

Adel ist ein Atheist aus dem Irak und musste fliehen, da das Leben für ihn dort nicht mehr möglich war. Hier kam er zunächst in eine Landeserstaufnahme, wo er wieder mit genau den Leuten zusammen, vor denen er ursprünglich geflüchtet war: strenggläubige Muslime.

Dennoch hat er die Zeit dort gut genutzt. Er lernte eifrig die deutsche Sprache, denn es war ihm bewusst, dass dies der Schlüssel ist, um sich hier zu verständigen und sich zu integrieren. Dafür hat er auch jede freie Minute mit Deutschen verbracht und bei zahlreichen sozialen Projekten der Stadt mitgewirkt.

So lernte er Veronika Kienzle kennen, die zurzeit für das Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Stuttgart (Grüne) kandidiert. Zum Dank für sein Engagement bekam er einen Platz in einer WG der Geiss-Stiftung, wo er mehr Ruhe zum Lernen fand. Er war Mitbegründer der Säkularen Flüchtlingshilfe Stuttgart. Darüber hinaus bekam er eine Stelle in einem Labor. Schritt für Schritt kam er so in Deutschland an. Mittlerweile ist er als Asylbewerber anerkannt, hat eine eigene Wohnung und ist berufstätig. Ein weiterer Schritt in sein neues Leben.

Adel engagiert sich weiterhin in der Säkularen Flüchtlingshilfe Stuttgart, um anderen Geflüchteten bei ihrem mühsamen Weg zur Seite stehen zu können.

Den kompletten Artikel der Stuttgarter Zeitung können Sie hier herunterladen.

Atheisten im Haus der Geschichte

Durch den Lockdown mussten wir hier in Stuttgart unsere Aktivitäten in der Säkularen Flüchtlingshilfe leider unterbrechen. In Kooperation mit der lpb  hatten wir die Buchpräsentation „Frauen dürfen hier nicht träumen – mein Ausbruch aus Saudi-Arabien“ geplant. Die Präsentation sollte mit der Autorin Rana Ahmad, Mitgründerin der Säkularen Flüchtlingshilfe e.V. gemeinsam mit unserer Vertretung hier in Stuttgart durchgeführt werden. Wir waren natürlich enttäuscht, dass das Projekt nun auf 2021 verschoben werden musste. Zwar hielten wir zu dieser Zeit über WhatsApp zu den einzelnen Mitgliedern Kontakt und haben auch eine Videokonferenz durchgeführt, uns war aber klar, dass die Gruppe den Wunsch hatte sich wieder „analog“ zu treffen. Da die Gruppe sich von Bad-Wimpfen bis Esslingen über Ludwigsburg und Stuttgart verteilt, ist das Bedürfnis sich zu treffen groß.

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Die Geschichte von Mohammed, einem Atheisten aus dem Irak

Hammoki ist im Jahre 2015 aus dem Irak nach Deutschland geflohen und bekam 2020 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Wir haben ihn nach seiner Geschichte befragt.

Hammoki, aus welchen Gründen bist Du aus deinem Heimatland geflohen?

Da ich Atheist bin, war mein Leben in Gefahr. Ich musste damit rechnen, getötet zu werden.

Wie kam es dazu, dass du Atheist wurdest?

Ich stamme aus einer liberalen Familie, die zu einem alten Beduinenstamm gehört. Meine Eltern sind im Laufe der Zeit jedoch immer gläubiger geworden. Als Kind und Jugendlicher wurde ich gezwungen, die Moschee zu besuchen und den Heiligen Monat und den Ramadan einzuhalten. Dann habe ich begonnen, mich intensiver mit Glaubensfragen zu beschäftigen, und mir sind immer mehr kritische Fragen gekommen. Nach reiflicher Überlegung beschloss ich mit 18 Jahren, mich endgültig vom Islam abzuwenden. Die allgegenwärtige Gewalt, die Unfreiheit, die mangelnde Kritikfähigkeit, die Verquickung mit dem Staat, das Eheverständnis und die strengen Regeln ganz allgemein haben mich zutiefst abgeschreckt. Auch fand ich sowohl im Islam so als auch in allen anderen Religionen keine Antworten auf existenzielle Fragen. Für mich wurden Tatsachen, Realitäten und dieWissenschaft die Basis meines Denkens. Der religionskritische Dichter und Freidenker Abu l-Ala al-Ma`arri, der vor 1000 Jahren lebte, der Autor und Religionskritiker Abdullah al-Qasemi und der Sozialwissenschaftler Ali Al-Wardi wurden für mich zu Inspirationsquellen.

Wie wurde dein Atheismus entdeckt, wie entstand die Bedrohungssituation?

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Glaubensabfall im islamischen Gottesstaat Iran als Fluchtgrund

Ein Gastbeitrag von Mohamad Hosein Tavasolli

Der Iran ist eines von 12 Ländern, in dem beim Abfall vom islamischen Glauben die Todesstrafe droht. Mohamad Hosein Tavasolli mussten deswegen aus dem islamischen Gottesstaat fliehen. Dennoch wurde sein Asylantrag abgelehnt, seine Abschiebung wurde lediglich ausgesetzt.

Mit 16 Jahren Atheist und damit Fremdkörper im islamischen Gottesstaat Iran

Mohamad Hosein Tavasolli

Ich bin in einer gut situierten, offenen und liberalen Familie in Shiraz aufgewachsen, die moderat religiös war. Mit ca. 16 Jahren (2012) habe ich für mich konstatiert, dass ich nicht mehr an einen Gott glauben kann und ich damit Atheist bin. Im Alter von ca. 18 Jahren (2014), habe ich regelmäßig an Treffen einer Gruppe von vertrauens­würdigen gleichgesinnten Atheisten teilgenommen. Nachdem ich während einer Autofahrt telefonisch erfahren habe, dass einer unserer Gruppentreffpunkte vom iranischer Sicherheitsdienst Etelat durchsucht wurde bin ich sofort untergetaucht und habe mich bei Freunden in einer weiter entfernten Stadt versteckt. Ein Freund hat für mich innerhalb von 10 Tagen einen gefälschten Pass mit Visum besorgt, mit dem ich am 15.12.2015 vom Flughafen Khomenei in Teheran nach Athen fliegen konnte. Von dort bin ich weiter nach Düsseldorf geflogen und am nächsten Tag in Deutschland angekommen. Seitdem läuft mein Asylverfahren. „Glaubensabfall im islamischen Gottesstaat Iran als Fluchtgrund“ weiterlesen